Das Ziel vor Augen - Predigt über 1. Korinther 9,24-27
9:24 Wißt ihr nicht, daß
die, die in der Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber einer
empfängt den Siegespreis? Lauft so, daß ihr ihn erlangt. 25
Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge; jene nun,
damit sie einen vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen
unvergänglichen. 26 Ich aber laufe nicht wie aufs Ungewisse; ich
kämpfe mit der Faust, nicht wie einer, der in die Luft
schlägt, 27 sondern ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn,
damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde.
Liebe Geschwister,
unser Glaube hat einen wunderbaren Ausgang: Wir werden einmal in der
himmlischen Herrlichkeit unseren Herrn Jesus Christus sehen und dort
für immer bei ihm bleiben. Und damit wir ganz bestimmt dort hin
gelangen, gibt unser Herr uns zwei treue Begleiter mit auf den Weg:
Zielorientierung und Disziplin.
1. Warum wir nicht alle ins Kloster gehen sollen
Es ist immer etwas gefährlich, über einen Text wir diesen zu
predigen. Denn die Geschichte der christlichen Kirche ist voll von
Beispielen, wie Menschen sich durch ein angestrengtes, entsagungsvolles
Leben den Himmel verdienen wollten.
In den ersten Jahrhunderten zogen christliche Einsiedler in die
Wüste, um sich ganz von weltlichen Einflüssen abzuschotten.
Zur Zeit Martin Luthers waren die Klöster voll von Mönchen
und Nonnen, die auf das Genaueste jede sündhafte Regung in sich
beobachteten und bekämpften. Und doch fanden sie darüber
keinen Frieden mit Gott. Noch vor 100 Jahren war es für einen
wahrhaft frommen Methodisten verpönt, Wirtshäuser und
Tanzsäle aufzusuchen. Diese weltlichen Vergnügungen lassen
sich nicht mit dem Glauben vereinbaren, so dachte man. Der moderne
christliche Asket findet leichtere Wege: Er trinkt nur fair gehandelten
Kaffee, ißt ökologisch korrekt erzeugte Nahrung, und benutzt
Energiesparlampen. Besonders Überzeugte toppen das noch durch
Kleidung aus Jute oder anderen Naturstoffen.
In der Tat können Sätze wie " (er) enthält sich aller
Dinge..." und "ich bezwinge meinen Leib..." missverstanden werden. So
verstanden werden, als ob man die himmlische Herrlichkeit durch ein
bemühtes christliches Leben verdienen könnte. Deshalb ist es
wichtig zu wissen, dass die Briefe des Paulus immer einen durchdachten,
logischen Aufbau haben. In den ersten beiden Kapiteln des Briefes
spricht Paulus über die Grundlage unserer Erlösung und
unseres Glaubens: Und das ist allein der gekreuzigte Christus, der uns
die Vergebung der Sünden und damit den Himmel verdient hat. "Durch
ihn (also durch Gott, den Vater) aber seid ihr in Christus Jesus, der
uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur
Heiligung und zur Erlösung, damit, wie geschrieben steht:
»Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!« (1.
Korinther 1:30-31)
In unserem Text, in Kapitel 9, setzt er diese Grundlage voraus. D.h. er
spricht Menschen an, die den Glauben an den Gekreuzigten und die
Vergebung der Sünden bereits persönlich, für sich
selbst, ergriffen haben. Er spricht hier davon, wie gläubige
Menschen ihr Christenleben gestalten. So gestalten, dass sie ganz
gewiß sein können: Ich werde einmal für immer bei
meinem Herrn, in seiner neuen Welt, im Himmel sein. Gehörst du zu
diesen Menschen? Dann ist dieser Text, diese Predigt das Richtige
für dich. Oder bist du dir nicht sicher? Dann bitte ich dich sehr:
Schalte jetzt nicht ab. Aber nimm' dir zu Hause eine Bibel, schlage den
ersten Korintherbrief auf, und lies besonders den Schluss des ersten
und den Anfang des zweiten Kapitels. Über Christus, "... der uns
von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur
Heiligung und zur Erlösung." Und dann bitte Gott darum, dass du
das Gelesene verstehen und auf dich selbst anwenden kannst.
Aber jetzt genug der Grundlagen. Lasst uns konkret werden, und nach
dieser Gestaltung des Christenlebens fragen. Deshalb:
2. Der erste treue Begleiter: Zielorientierung
Wir haben mit 2015 gerade ein Jahr hinter uns, in dem allen Deutschen -
ob gläubig oder ungläubig - klar wurde, dass der christliche
Glaube und die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche u.U.
lebensgefährlich sein können. Unter den Flüchtlingen in
unserem Land befinden sich auch zahlreiche Menschen, die im Nahen Osten
nur aus einem einzigen Grund verfolgt oder gefoltert wurden: Weil sie
Christen sind. Manche von ihnen haben Verwandte zurückgelassen,
die dort für ihren Glauben mit dem Leben bezahlen mussten. Wir
dagegen leben seit Jahrzehnten in Frieden, und viele in unserem Lande
haben für ihre Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche noch
nie mehr bezahlt als ihre Kirchensteuer bzw. ihre Monatsbeiträge.
(Anwesende natürlich wie immer ausgeschlossen...)
Wenn man die Sache ganz nüchtern und vom Standpunkt der reinen
Vernunft betrachtet, müsste man doch fragen: Warum tun sich diese
verfolgten Geschwister das an? Warum beharren sie so sehr auf ihrem
Glauben? Ich habe kürzlich selbst in einer großen
Oldenburger Kirche gehört, dass der Islam und das Christentum
sowieso die gleichen Wurzeln haben. Man also folgern müsste: Jeder
kann auf seine eigene Weise selig werden. Vielleicht müsste man
das diesen verfolgten Christen sagen: Seid doch nicht so verbohrt.
Passt euch den Sitten in eurem Land an. Ob ihr nun im Gebet Allah
anruft oder Jesus - das macht letztlich keinen Unterschied. Denkt an
euch und eure Familien, und geht die richtigen Kompromisse ein.
Wie anders klingt das, was Jesus den zwölf Jüngern sagte, als
er sie aussendete zum Dienst am Evangelium (Matthäus 10): "21 Es
wird aber ein Bruder den andern dem Tod preisgeben und der Vater den
Sohn, und die Kinder werden sich empören gegen ihre Eltern und
werden sie töten helfen. 22 Und ihr werdet gehaßt werden von
jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt,
der wird selig werden." Ja: Wer beharrlich in seinem Glauben an Jesus
Christus bleibt, der wird einmal den Himmel erreichen und für
immer bei seinem Herrn sein.
In der Tat ist es das, was einen Christen selbst in extremen
Situationen bei seinem Glauben bleiben lässt: Die Aussicht auf das
Ziel. Deshalb ist es sehr anregend und glaubensstärkend, hin und
wieder Lebenszeugnisse von verfolgten Christen zu lesen. Das fängt
an mit einem Paul Schneider, der seinen Mithäftlingen im KZ
Bibelverse aus seiner Gefängniszelle heraus zurief. Es geht weiter
mit Berichten von Christen
zur Zeit der ehemaligen Sowjetunion. Bis hin zu denen, die heute in den
arabischen Ländern unterdrückt werden.
Aber auch in unserem Land, ohne Verfolgung, kann ein Christ schwere
Glaubensproben durchmachen. Während meiner Zeit als Gemeindepastor
habe ich so manche unheilbar Kranken erlebt, und ihre letzten
Lebensmonate begleitet. Es waren Dorfgemeinden, konservativ
geprägt. So manche modischen "Glaubens"-Gedanken, die sich
vielleicht nur ein Städter aneignen kann, gab es dort nicht.
Trotzdem war ein Unterschied festzustellen, manchmal nur fein, und in
Zwischentönen zu hören: Es gab solche, die lediglich
kirchlich engagiert und als fromme Leute angesehen waren. Und es gab
solche, die tatsächlich ihr Ziel vor Augen hatten: Die himmlische
Herrlichkeit. Als es dann hart auf hart kam, und man das Krankenlager
nicht mehr verlassen konnte: Ratet, wer durch seinen Glauben bis zum
Schluss getragen wurde. Die Not kann das Beten lehren, das ist wahr.
Aber manchen lehrt sie auch das Fluchen, und das Hadern mit Gott - wenn
er Jesus und das Ziel nicht vor Augen hat.
Deshalb möchte ich dir das mit als Frage auf den Weg geben. Zu
einer ehrlichen Prüfung, in einer stillen Stunde. Was ist das Ziel
in deinem Leben? Ziele im Beruf zu haben, Ziele in der Familie. Das ist
wichtig. Aber diese Ziele meine ich nicht. Sondern ich meine die Frage,
die sich stellt, wenn du merkst: Die Stunde ist nahegekommen, in der
auch mein Grab ausgehoben wird. Und diese Stunde wird kommen: Für
den einen überraschend, in jungen Jahren. Für den anderen im
hohen Alter, nach einem langen Leben. Was ist dann dein Ziel? Wohin
wirst du gehen? Wohl dem, der hier sagen kann: Der Himmel ist mein
Ziel. Und darum will ich bei Jesus bleiben, beharrlich im Glauben, mein
Leben lang.
3. Der zweite treue Begleiter: Disziplin
Ich erinnere bis heute an eine Vorstandssitzung, in der ich für
die Jugendlichen im Einsegnungsunterricht die Gottesdienstpflicht
einführen wollte. Ich war das so gewohnt aus meiner Zeit als
Pfarrer in der Landeskirche. Und auch in dem kleinen Ort, in dem unsere
Methodistenkirche stand, war es bei den Nachbarn üblich: Die
Konfirmanden der lutherischen Kirche mussten sich nach jedem
Gottesdienstbesuch ihre Anwesenheit in einem kleinen Buch bescheinigen
lassen. Jedenfalls: Mein Gemeindevorstand war - wenn nicht empört
- so doch weitgehend ablehnend. Wir wollen doch die jungen Leute nicht
mit allzu vielen Vorschriften abschrecken. Und deshalb wollen wir so
etwas ganz und gar nicht haben. Kurzum: Die Gottesdienstpflicht wurde
nicht eingeführt, denn man kann als Pastor in unserer Kirche
schlecht gegen seinen eigenen Vorstand "regieren". Der
Gottesdienstbesuch der Einzusegnenden blieb in der Folge
mäßig, außer bei denen, wo es zu Hause von den Eltern
erwartet wurde. Und dass sich die Jugendlichen deswegen im Anschluss
stärker zur Kirche hingezogen fühlten, kann ich auch nicht
behaupten...
Es ist erstaunlich, dass in anderen Lebensbereichen die Disziplin
durchaus eine geachtete Tugend bleibt. Da sitzen wir gemütlich vor
dem Fernseher, neben uns Knabbereien und Getränke, und fiebern mit
beim Neujahrsspringen von der Skischanze. Oder beim Fußballspiel.
Und machen uns oft nicht mehr klar was hinter diesen sportlichen
Erfolgen steht: Harte Arbeit und feste Disziplin, ohne die man im
Leistungssport nichts erreichen kann. Das war in den sportlichen
Wettkämpfen vor 2000 Jahren nicht anders: Intensives Training,
voller Einsatz, strenge Diät bei der Nahrung. Deshalb kann Paulus
auch schreiben: "Wißt ihr nicht, daß die, die in der
Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber einer empfängt den
Siegespreis? Lauft so, daß ihr ihn erlangt. Jeder aber, der
kämpft, enthält sich aller Dinge..." Jedermann wusste, was
gemeint ist, denn der Sport hatte schon damals ein großes
Publikum. Wer schließlich oben auf dem Treppchen steht,
weiß, welchen Preis er dafür bezahlt hat. Das Interessante
dabei ist: Paulus nimmt die Bemühungen der Sportler als ein Bild
für den christlichen Glauben. D.h. der Glauben ist keine
gemütliche Freizeitbeschäftigung: Jesus als der, bei dem ich
nach all dem Stress des Alltags mal so richtig "abhängen" und
"chillen" kann. Sondern der Glauben ist etwas sehr ernst zu Nehmendes.
Und er ist so viel Disziplin wert wie die Bemühungen des
Leistungssportlers, endlich eine Medaille zu erreichen.
Hat ein rechter christlicher Glaube also etwas Verkrampftes, Unfrohes,
Verbissenes? Auch da führt das Bild vom Sport weiter. Denn: Warum
nimmt ein Sportler all diese Mühen auf sich? Wird er dazu
gezwungen? Geht er deshalb nur unter Drohungen und mit
sauertöpfischer Miene zum Training? Nein - er tut es, weil
es ihm die Sache wert ist. Und weil er ein Ziel erreichen will - den
Sieg, oder zumindest eine gute Platzierung. Wir haben vorhin davon
gesprochen, wie wichtig es ist, dass man als Christ das Ziel seines
Glaubens vor Augen behält: Jesus und die neue Welt, die himmlische
Herrlichkeit, die er für uns bereit hält. Kann ich mir mit
einem disziplinierten geistlichen Leben den Himmel verdienen? Nein,
ganz sicher nicht. Aber Disziplin ist auf dem Weg dorthin eine
große Hilfe. Und sie kann mir helfen, das Ziel vor Augen zu
behalten.
Nun gibt es eine ganze Menge Christen, für die eine gewisse Art
von Disziplin schon immer zum Christsein dazu gehört: Dass man
sich anstrengt, seinem Mitmenschen in jeder Weise behilflich zu sein.
Dass man für Menschen in der Not da ist. Dass man sich in der
Gemeinde einbringt, engagiert, wo es etwas zu tun gibt. Das sind an und
für sich keine schlechten Dinge, versteht mich nicht falsch. Aber
diese Art von Disziplin meine ich nicht. Ein meisterhafter Schwimmer
wird vermutlich nicht in erster Linie Skigymnastik betreiben. Und einen
guten Fußballspieler wird man eher selten auf der
Übungsanlage für Sportschützen sehen. Die Ausrichtung
der Disziplin muss zur Sportart passen, und das Training zu dem Ziel,
das man erreichen will.
Das ist im geistlichen Leben, im Glauben an unseren Herrn Jesus
Christus nicht anders. Wo finde ich Ausrichtung auf das große
Geschenk der Vergebung, die Jesus für mich am Kreuz erworben hat?
Wo finde ich alles über das letzte Ziel eines Christenlebens,
über den Himmel? Ich finde es im Wort Gottes, beim Lesen in der
Bibel. Und wie bleibe ich in Kontakt mit meinem Herrn, der mich auf das
Ziel ausrichtet und fest im Glauben hält, selbst in schweren
Zeiten? Ich finde ihn im Gebet, wenn ich mein Herz vor ihm
ausschütte. Ihm meine Sünden bekenne, ihm danke, und ihn um
Hilfe bitte für mich und meinen Nächsten. Das ist die rechte
Disziplin, das rechte Training für einen Christen: Der Umgang mit
dem Wort Gottes und mit dem Gebet.
Für viele ist es eine große Hilfe, sich damit nicht nach
Lust und Laune zu befassen. Sondern sich feste Zeiten vorzunehmen. Der
eine am frühen Morgen, bevor der Tag los geht. Der andere am
späten Abend, wenn alles zur Ruhe kommt. Exakte
"Trainingsvorschriften" finden wir dazu in der Bibel nicht. Dafür
ist das Leben und der Tagesablauf eines jeden doch zu unterschiedlich.
Aber mit etwas Fantasie, und auch Entschlossenheit, kann jeder den
besten Weg für sich finden. Wer in dieser Frage den Herrn um Hilfe
bittet, dessen Gebet wird sicher nicht unerhört bleiben.
Und noch etwas möchte ich empfehlen, auch wenn es heute nicht mehr
so populär ist: Lerne Verse und Abschnitte der Bibel auswendig!
Noch vor 50 Jahren waren hier die Ansprüche an Konfirmanden
wesentlich höher als heute. Doch auch Erwachsene sind für
diese Art von Training nicht zu alt und eingerostet: Wer einmal
einen Psalm auswendig gelernt hat, ihn vor sich her gesagt hat, wie das
seit Jahrtausenden die Juden gewohnt sind - der wird ganz neue Aspekte
daran entdecken. Wie sagt der Engländer zum auswendig Lernen:
"learning by heart", wörtlich übersetzt: "Lernen mit dem
Herzen". Da ist etwas dran. Wer einmal am Krankenbett eines alten
Christen gesessen hat. Und erlebt hat, wie der beim Beten des 23.
Psalms - "Der Herr ist mein Hirte". Wie dieser schwache Mensch die
Worte noch mitsprechen konnte - oder wenigstens die Lippen bewegte. Der
merkt auf einmal: So schlecht war die Idee nicht, dass ein Konfirmand
früher viel auswendig lernen mussten. In der Jugend war es
für den Konfirmanden vielleicht eine lästige Übung. Aber
jetzt, am Krankenbett, wenn die Zeit abläuft. Da hilft es ihm bei
der Ausrichtung auf das Ziel: Auf den Herrn, und auf die himmlische
Herrlichkeit, die jetzt nicht mehr weit entfernt ist.
So lasst uns voller Vertrauen bei ihm bleiben, im Glauben an Christus,
den
Gekreuzigten. Lasst uns beharrlich am Ziel unseres Glaubens festhalten:
Die himmlische Herrlichkeit, der er für uns bereit hält.
Diese Aussicht ist es wert, ein diszipliniertes geistliches Leben zu
führen. Nicht als verbissener Asket, der den Freuden des Lebens
nichts abgewinnen kann. Aber als ein entschlossener, geistlich
erwachsener Mensch. Als einer, der einschätzt, was hilfreich ist
für seinen Glauben. Auf dass ich auch in schweren Zeiten noch
weiß, wo ich hin gehöre: An die Seite von Jesus, meinem
Herrn und Heiland. "Wißt ihr nicht, daß die, die in der
Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber einer empfängt den
Siegespreis? Lauft so, daß ihr ihn erlangt." Amen.
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