Predigt über Kolosser 2,11-15
2:11 In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung,
die nicht mit Händen geschieht, als ihr nämlich euer fleischliches
Wesen ablegtet in der Beschneidung durch Christus. 12 Mit ihm seid
ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch
den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten. 13
Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden
und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.
14 Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen
uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet. 15 Er hat
die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich
zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht in Christus.
Liebe Geschwister,
der auferstandene Christus schenkt uns ein neues, befreites Leben. Er hat
uns frei gemacht von Sünde, Tod und Teufel, wie die Alten das zusammengefaßt
haben. Und die Frage ist: Wie frei bin ich in meinem Christenleben? Und wo
bin ich noch geknechtet von Angst und falschen, menschlichen Zwängen?
1. Meine Taufe: Zeichen der Befreiung und des neuen Lebens
Mal ehrlich - wer von euch weiß eigentlich sein Taufdatum? Also ich
persönlich müßte dazu zuerst meinen Taufschein heraussuchen,
und nachschauen. Wem das anders geht, der mag sich zumindest fragen: wie oft
denke ich eigentlich an meine Taufe? Es sind ja große Dinge, die hier
von der Taufe gesagt werden: "Mit ihm - mit Christus - seid ihr begraben
worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben..."
Kann man so etwas einfach vergessen? Daß Gott mich "gezeichnet" hat
in der Taufe?
Es ist schon wahr: Die alten Israeliten hatten es da besser. Auch sie hatten
ein Zeichen dafür, daß sie zu Gott gehören, daß sie
Gottes Volk sind: Am achten Lebenstag wurde jeder männliche Säugling
beschnitten, das war die Regel. Wer seinen Geburtstag wußte, der wußte
gewöhnlich auch seinen Beschneidungstag. Und da dieses Zeichen direkt
am Körper angebracht war - wurde man jeden Tag daran erinnert. Wenn
wir so deutlich daran erinnert werden sollten - müßten wir eigentlich
unseren Taufschein einrahmen und auf's Nachtschränkchen stellen, dann
wüßten wir es ganz genau, jederzeit...
Ob das nun besonders dekorativ wäre für das Nachtschränkchen,
weiß ich nicht. Jedenfalls möchte ich sagen: es ist gut und wichtig,
wenn wir unsere Taufe nicht vergessen. Gott kennt uns Menschen nur zu genau.
Und er weiß, wie schwer wir geistliche, innere Dinge verstehen. Und
deshalb hat er schon den Israeliten ein "handfestes", äußeres Zeichen
gegeben: Eben die Beschneidung. Die sie immer daran erinnern sollte: ihr
gehört zu ihm, zu eurem Herrn. Und wenn ihr das auch nicht immer spürt.
So soll euch dieses Zeichen doch daran erinnern. Genauso, wie die Taufe einen
gläubigen Menschen immer daran erinnert: dein altes, früheres Leben
ist jetzt "begraben", es zählt nicht mehr.
Ja, und auch wenn wir uns unseren Taufschein nicht auf's Nachtschränkchen
stellen. So können wir uns doch vorstellen, wie unsere Taufe ein unsichtbarer
Begleiter ist. Ein Begleiter, der mit uns durch den Tag geht. Der den ganzen
Tag, immer wieder mit uns reden will. Und ich kann mir vorstellen. Wie mir
meine Taufe morgens beim Aufstehen sagt: Freue dich, Jesus ist auferstanden.
Und du darfst mit ihm leben. Wie sie mir am Tag sagt, wenn ich wieder einmal
versagt habe: Freue dich, er hat uns vergeben alle unsere Sünden. Und
wenn meine alten Lieblingssünden mich einmal wieder eingeholt haben.
Dann sagt mir mein Begleiter, die Taufe: Laß den Kopf nicht hängen.
Du mußt nicht immer so bleiben wie du bist. Es gibt Hoffnung. Du hast
"dein fleischliches Wesen abgelegt in der Beschneidung durch Christus".
Manche Kirchen und Gruppen lehren ja: Wenn du wirklich geistlich weiterkommen
willst als Christ. Dann zählt das wenig, was man mit dir als Säugling
getan hat, am Taufbecken. Dann mußt du es noch einmal bewußt,
öffentlich, mit ganzem Ernst tun - die Taufe. Erst dann wirst du ihre
Kraft erfahren. Ich denke: nach dem Urteil der Bibel - nützt es wenig,
wenn ich die Taufe wiederholen will. Damit ist wenig gewonnen. Wie viel mehr
wäre gewonnen. Wenn ich meiner Taufe zuhören würde. Dann zuhören,
wenn sie mir von Christus erzählt. Wie er mich befreit hat, von Sünde,
Tod und Teufel. Wieviel wäre gewonnen. Wenn ich dann sage: Ja, das will
ich von Herzen glauben. Das will ich nicht vergessen. Auch dann nicht, wenn
der Taufschein nicht auf meinem Nachtschränkchen steht...
2. Frei von menschengemachten "Gesetzen"
Es wird Zeit zu sagen, wie diese Befreiung praktisch aussieht. Die Jesus
uns schenkt. Es gab damals in der Gemeinde in Kolossä Leute, die
den Geschwistern zu einem "noch intensiveren und ernsthafteren Christenleben"
verhelfen wollten. Sie hatten dafür Lebensregeln entwickelt und verbreiteten
sie in der Gemeinde. Das hörte sich dann z.B. so an (lies 2,21): "Du
sollst das nicht anfassen, du sollst das nicht kosten, du sollst das nicht
anrühren..." Auf diese Weise sollte der Christ - angeblich - die nächste
Stufe der Heiligkeit erklimmen, und nun "wirklich Ernst machen". Paulus hat
über sie ein ernüchterndes Urteil und nennt das (lies 2,23) einen
"Schein von Weisheit ... durch selbsterwählte Frömmigkeit...".
Nun ist es schon wahr, damals wie heute: In einer ganz und gar unchristlichen
Gesellschaft, da geht so mancher Christ den einfachsten Weg - er paßt
sich einfach an das an, was alle tun. Nach dem Motto: Nur nicht auffallen,
damit man nicht als "Extremer" verdächtigt wird... Diese Art von scheinbarer
"Freiheit" - frei von den Geboten Gottes - sie ist sicher nicht das, an was
uns unsere Taufe erinnern will.
Allerdings kann der Christenmensch nun auch ganz und gar "auf der anderen
Seite vom Pferd fallen". Da wird die Angst sein bester Ratgeber. Und
er denkt dauernd darüber nach, was er tunlichst zu vermeiden hat. Damit
sein geistliches Leben nicht gefährdet wird. "Du darfst dies nicht kosten,
du darfst das nicht anrühren..." Ganze Forderungskataloge werden aufgestellt.
Ältere Geschwister erinnern sich vielleicht noch an die Zeiten, wo klar
war: daß ein Methodist nicht tanzen darf, nicht ins Wirtshaus darf,
was er anzuziehen hat usw. usw. Heute machen es uns Sekten und mancherlei
- auch christliche - Gruppen vor, wie man das Leben des Einzelnen regulieren
kann. Bis in Einzelne regulieren kann, mit selbst ausgedachten Dingen, die
so keineswegs in der Bibel stehen.
"Er - Jesus - hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen
uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet." Das setzt Paulus
dagegen. Menschengemachte Forderungskataloge - gleich welcher Art - dürfen
mich nicht mehr in Gewissensnöte bringen. Das ist tatsächlich alles
"ans Kreuz geheftet" und damit erledigt, ein für allemal. Davon bin
ich los und frei. Und damit - kann meine Taufe mir auch eine gewisse Gelassenheit
geben.
Dann nämlich, wenn ich mir als Christ die ernsthafte Frage stelle: Wie
soll ich leben? Was will mein Herr von mir? Die Angst, etwas falsch zu machen.
Die ist sicher dabei der schlechteste Ratgeber. Und wenn mich meine Taufe
daran erinnert: Durch Jesus. Da ist die Ursache dieser Angst. Der Angst,
etwas falsch zu machen. Sie ist ans Kreuz geheftet. Davon hat er mich frei
gemacht. Wenn ich daran erinnert werde. Dann ist schon sehr viel gewonnen.
Ich kann wieder durchatmen. Und entschlossen ans Werk gehen. An das Werk,
das mein Herr mir aufträgt.
3. Frei von bösartigen Mächten
"Auf dem Holz- und Reisighaufen wird, wenn das Feuer seine größte
Zauberkraft hat, die Hexe als Warnung gegen böse Mächte den lodernden
Flammen preisgegeben." So lautete kürzlich eine Einladung in der Zeitung
zu einem der zahlreichen "Hexenfeuer", die bei uns traditionell zum ersten
Mai veranstaltet werden. Vermutlich war das Ganze durchaus mit einem Augenzwinkern,
und etwas scherzhaft übertrieben gemeint.
Ich kann mittlerweile über solche "Hexen-Scherze" allerdings nicht mehr
lachen. Wer mit Jugendlichen zu tun hat. Der weiß, daß Aberglauben,
Geister, Tischerücken usw. durchaus von Schülern praktiziert wird.
Beängstigend dabei ist: Das Ganze ist keine Spinnerei, sondern es "funktioniert"
tatsächlich. Und die Millionen, die täglich ihr Horoskop lesen,
und oft behaupten: "Ich glaube an so etwas nicht, das ist nur Spaß."
Denen mag ich das nicht mehr abnehmen - daß es so ganz und gar spaßig
gemeint ist. Auch dann, wenn wir es mit unseren elektronischen Meßinstrumenten
nicht nachweisen können: Die Bibel rechnet durchaus damit, daß
es "Mächte und Gewalten" gibt, die unsichtbar, aber höchst bösartig,
und sehr wirksam, Menschen in ihre Gewalt bringen. Und über diejenigen,
die den Teufel "im Namen der Wissenschaft" abgeschafft haben. Über die
lacht der Teufel am meisten. Wir sollen als Christen damit rechnen, mit dieser
unsichtbaren Wirklichkeit. Nicht darüber lachen. Und es nicht verharmlosen.
Das ist die eine Seite. So manche Christen wollen solche Verharmlosung schon
lange nicht mehr mitmachen. Sondern sie wollen gegen das Böse kämpfen.
Aktiv und gezielt. So hatte gläubige Jugendliche z.B. zu einer "alternativen",
christlichen Maifeier eingeladen. Sie schrieben: "An diesem Tag finden vieler
Orts Hexenfeuer statt und viele Heiden treffen sich in dieser nacht um ihrer
Göttin zu huldigen. Wir als Christen wollen uns an diesem Tag treffen
um Gemeinschaft mit dem Allmächtigen zu haben um um aufzustehen und
gegen den Strom zu schwimmen, wir wollen für die Hexenfeuer und für
die Heiden beten und unsern Herrn feiern!" Soweit die Einladung der Jugendlichen.
Auch wenn mir persönlich die Art dieser Einladung etwas fremdartig erscheint.
Eines möchte ich nicht: dies einfach abtun. Es steht eine gute und durchaus
ernsthafte Absicht dahinter. Ich frage mich nur: Ist man hier etwas über
das Ziel hinausgeschossen? Wäre hier nicht etwas weniger Dramatik angebracht?
Wenn wir den Kolosserbrief und den recht ähnlichen Epheserbrief anschauen.
Wenn wir uns klar machen, daß diese Gemeinden inmitten einer heidnischen
und zutiefst okkulten Umgebung lebten. (lies z.B. Apg 19). Wo Zauberei für
viele Menschen zum Alltag gehörte, in einer Weise die wir uns nicht
im Entferntesten vorstellen können. Dann fällt doch eines auf:
diese Zauberei ist eigentlich in beiden Briefen "kein Thema". Im Epheserbrief
kommt noch etwas, die vielzitierte "geistliche Waffenrüstung" (Epheser
6,10ff). Aber sie kommt nur in einigen Versen zum Schluß. Sozusagen
als "P.S. Was ich auch noch kurz erwähnen wollte." Und sonst: macht
Paulus das Böse nicht zum Thema.
"Er - Gott - hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und
sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht
in Christus." So liest sich das hier. Der Theologe Karl Barth hat in seinem
meterdicken Lebenswerk das Böse einmal einfach "das Nichtige" genannt.
Viel hat er dazu nicht geschrieben - dafür umso mehr über Christus.
Es lohnt sich eben nicht, sich zuviel mit dem "Nichtigen" zu beschäftigen.
Als gläubige Menschen haben wir tatsächlich das Privileg. Dem Bösen
nicht verharmlosend. Aber durchaus gelassen entgegenzutreten. "Mit ihm seid
ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch
den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten."
Ja, auch daran erinnert uns unsere Taufe: Wir sollen nicht auf das Böse
schauen und uns fasziniert damit beschäftigen. Uns den Kopf darüber
zerbrechen, wie wir welche bösen Geister verjagen können.
Wenn dem so wäre - dann hätten wir tatsächlich den Ostersieg
Jesu vergessen. "Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet..."
Das ist schon längst geschehen. Vor 2000 Jahren, als Christus sein Grab
verlassen hat. Da dürfen wir es wissen und darauf vertrauen: Der Tod
und der Teufel haben ausgespielt. Der Kampf ist entschieden. Und an der Seite
unseres lebendigen Herrn. Da ist das Böse für uns tatsächlich
"kein Thema" mehr.
Der auferstandene Christus - er schenkt uns ein neues, befreites Leben. Er
hat uns frei gemacht von Sünde, Tod und Teufel. Frei von allerlei menschlichen
"Forderungskatalogen". Frei von allen bösen Mächten. Ob wir uns
vielleicht doch einmal unseren Taufschein auf's Nachtschränkchen stellen?
Wenigstens für ein paar Tage, damit wir das nicht vergessen...? Wem
das nun wieder zu dramatisch vorkommt - macht nichts. Hauptsache
ist ja letztlich, daß wir daran denken: "Er hat euch mit ihm - mit Christus
- lebendig gemacht ... und hat uns vergeben alle Sünden." Amen.
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