Dankbar in allen Dingen!? - Erntedankpredigt über 1.
Thessalonicher 5,18
"Seid dankbar in allen Dingen; denn
das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch."
Liebe Geschwister,
durch die Erlösung, die wir in Jesus haben. Können wir
tatsächlich dankbar in allen Dingen werden. Ob zum Erntedank oder
zu anderen Zeiten. Aber: schauen wir uns zunächst genau an, was
damit gemeint ist.
1. Dankbar in allen Dingen - ein "verordnetes Lächeln"?
"Beruflich verordnetes
Dauerlächeln macht krank. Besonders gefährdet sind nach
Untersuchungen von Psychologen der Frankfurter Universität
Stewardessen, Verkäufer und Mitarbeiter von Call-Centern, von
denen aus Rücksicht auf Kunden das 'zwanghafte Vortäuschen'
von Freundlichkeit verlangt werde. Ihnen drohten beispielsweise
Depressionen." So war vor einigen Monaten in einem großen
Wirtschaftsblatt zu lesen. Wir kennen sie mittlerweile fast alle, die
professionell-freundlichen Stimmen bei der telefonischen
Kundenbetreuung: "Firma Extra Billig, Sie sprechen mit Frau
Müller, was kann ich für Sie tun?" Selbst dann, wenn du deine
extra billige Ware reklamieren musst, weil Sie sofort kaputt gegangen
ist, bleiben sie freundlich.
Der genannte Zeitungsartikel schreibt weiter, wie die Forscher es genau
wissen wollten: "Die Wissenschaftler
setzten beispielsweise Studenten in ein fiktives Call-Center und
ließen sie von einer vermeintlichen Kundin beschimpfen. Einige
der Teilnehmer durften zurück schimpfen, die anderen mussten
freundlich bleiben. Wer sich wehrte, hatte nur kurzzeitig erhöhtes
Herzklopfen. Bei den Dauerfreundlichen raste das Herz noch lange nach
Ende des Gesprächs mit der Kundin. Das Fazit der Forscher:
Nettsein wider Willen ist Stress pur." (HANDELSBLATT, Donnerstag, 16.
März 2006, 16:45 Uhr , im Internet unter:
http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=203116&_t=ft&_b=1050808)
Manchmal, da habe ich dieses "verordnete Lächeln" nicht nur bei
den "Profis" erlebt - sondern mitten in der christlichen Gemeinde. Da
bist du mit einem Menschen zusammen, vielleicht zu einem Besuch bei
einem Schwerkranken. Und du weißt genau: es geht ihm wirklich
sehr schlecht. Vielleicht hat er Schmerzen. Aber dann sagt er, mit
diesem Lächeln im Gesicht: "Man soll ja dankbar sein." Und du
merkst genau: das Lächeln ist nicht echt, und der Satz von der
Dankbarkeit wirkt einstudiert. Ist das gemeint mit dem Vers: Seid
dankbar in allen Dingen? Ist das das Kennzeichen eines wirklich
geheiligten Christen? Ein Dauerlächeln, das Gott seinen Christen
verordnet hat?
Wir würden Paulus sicher grundsätzlich missverstehen, wenn
wir seinen Satz so auslegen. Auch Paulus selbst war nicht immer am
lächeln, und er war nicht immer guter Dinge. "Denn wir wollen
euch, liebe Brüder, nicht verschweigen die Bedrängnis, die
uns in der Provinz Asien widerfahren ist, wo wir über die
Maßen beschwert waren und über unsere Kraft, so dass wir
auch am Leben verzagten." (2. Korinther 1:8) So schreibt er selbst
einmal über seine Nöte, die er zu erleiden hatte. Hätte
Paulus so ein "verordnetes Lächeln" gesehen. Dann hätte
er sicher gesagt: Diese Art von "christlicher Freude und Dankbarkeit".
Die wäre in der Tat nicht nur unnatürlich. Sie
wäre auch ein völlige Überforderung für jeden
Christen. Was aber meint Paulus dann? Wie kann man dankbar sein "in
allen Dingen"?
2. Der Dank für meine Erlösung
"Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes,
die euch gegeben ist in Christus Jesus." (1 Korinther 1:4) So schreibt
Paulus z.B. in seinem 1. Korintherbrief. Und er denkt an die Gnade, die
zu uns kommt durch die Erlösung. Die Erlösung, die uns unser
Heiland erworben hat, bei seiner Kreuzigung und seiner Auferstehung.
Es ist ja so: wenn die Not sehr groß wird, was bleibt dann
eigentlich zum Danken? Das Gesangbuch unserer Kirche beginnt
interessanterweise mit lauter Liedern zum Thema "Lob und Dank". Und das
allererste Lied - ein Lied von Charles Wesley -, das ist ein besonders
frohes Loblied, wo man schon in der Musik die Freude und Dankbarkeit
spürt. "Mein Mund besinge tausendfach den Ruhm des Herrn der Welt"
(Gesangbuch der EmK Nr. 1), so fängt es an. Doch wofür wird
hier gedankt und gelobt? Für ein unbeschwertes Leben? Gute
Gesundheit? Freiheit von Sorgen und Problemen? Oder: für
genügend Geld? Nein - denn das Loblied auf Jesus geht so weiter:
"... der meiner Sünde Joch zerbrach, sich gab zum Lösegeld."
Um sein Opfer auf Golgatha geht es hier. Darum, wie er mich befreit hat
von Sünde, Tod und Teufel. Das steht im Mittelpunkt des Dankens.
Nun sagst du vielleicht: das klingt jetzt auch wieder zu fromm, zu
"abgehoben". Was nützt mir die Erlösung, wenn es vor lauter
Alltagsnöten nichts zu freuen und zu danken gibt? Die
Erlösung - die ist weit weg, die hilft mir zur Zeit wenig. Wenn du
so fragst. Dann möchte ich dir zwei - durchaus provozierende -
Gedankenanstöße mitgeben. Der erste: Könnte es sein,
daß es dir so geht, wie es mir auch allzu oft geht: Die
Erlösung durch Jesus Christus ist etwas so
Selbstverständliches geworden, dass ich sie nicht mehr staunend
und dankbar annehme? Sondern dass ich sie einfach nur voraussetze? Nach
dem Motto: so selbstverständlich, wie der Strom aus der Steckdose
kommt, so selbstverständlich strömt auch die Gnade unseres
Herrn? Zu schnell geschieht das in einem Christenleben.
Aber ich möchte noch einen zweiten Gedankenanstoß
hinzufügen: Könnte es sein, dass du deshalb nicht für
die Erlösung danken, dich darüber freuen kannst? Weil du noch
gar nicht erlöst bist? Einem unerlösten Menschen. Dem sind
das Kreuz von Golgatha. Und die Auferstehung unseres Herrn. Die sind
ihm tatsächlich "böhmische Dörfer". Wie sollte ich
für etwas danken, das ich gar nicht kenne? Hier braucht es vor dem
Dank allerdings erst die Bitte: Herr Jesus Christus, schenke mir diese
Erlösung. Die Erlösung von meinen Sünden, vom Tod und
vom Teufel. Hier braucht es erst die Bitte. Erst wenn ich die
Erlösung empfangen habe, dann kann ich dafür danken.
Wie dem auch sei. Vielleicht ist hier wirklich angebracht, in der Art
der alten Methodistenväter eine durchaus simple, aber etwas
bedrängende Frage mit nach Hause zu nehmen. Die schlichte Frage:
Hast du heute dem Herrn schon für deine Erlösung gedankt? Und
wenn nein - warum eigentlich nicht?
3. Der Dank - kein überströmendes Gefühl, sondern
Willensentschluss
Warum kann man so schlicht, so drängend fragen? "Seid dankbar ...
denn das ist der Wille Gottes." Dieser Satz ist ja den Menschen gesagt,
die ihre Erlösung bereits empfangen haben. Und wenn wir das
bedenken, dann verstehen wir auch den Unterschied zwischen echtem
christlichen Dank - und und einem "verordneten Lächeln". Wenn ich
mich als gläubiger Mensch in meiner Gebetszeit entschließe,
und ich sage meinem Herrn: Herr, ich danke dir für das Wunder auf
Golgatha. Ich danke dir, daß du auferstanden bist. Ich danke dir,
dass du mich erlöst hast. Wenn ich so spreche, dann ist das ja
nichts Vorgespieltes. Meine Erlösung ist ja kein dankbares
Gefühl - sie ist eine Tatsache, die mein Herr geschaffen hat.
Wenn mir einer eine Urkunde überreicht, in der amtlich besiegelt
ist: Ab sofort gehört dir folgendes Haus mit Grundstück am
Ort. Es ist auch schon im Grundbuch eingetragen. Wenn ich so ein
amtliches Schriftstück bekomme. Dann kann aus gutem Grund
demjenigen danken, der mir dieses Haus übereignet hat. Egal, ob
ich mich gerade gut fühle oder schlecht. Die Übereignung ist
ist eine Tatsache, amtlich besiegelt.
Und so kann ich sagen: Wenn mein Herr mir in seinem Wort "amtlich
besiegelt". Dass er für mich die Erlösung erworben hat auf
Golgatha. Dann ist das eine Tatsache. Und wenn ich ihm für diese
Tatsache danke, dann ist das angemessen. Es ist "sein Wille in Christus
Jesus an euch", wie Paulus hier schreibt. Egal, wie ich mich gerade
fühle. Wenn ich ihm als Christ für meine Erlösung danke,
dann ist das kein "verordnetes Lächeln". Sondern ich tue schlicht
und einfach seinen Willen. Deshalb ist die Frage: Hast du heute schon
für deine Erlösung gedankt? Deshalb ist diese Frage nach der
Dankbarkeit eigentlich die gleiche wie eine andere Frage. Nämlich
die Frage: Hast du als Christ heute schon den Willen Jesu getan?
4. Vom Dank für die Erlösung zum Erntedank
Wo bleibt nun der Erntedank? Ich denke, wenn wir Erntedank nicht als
"verordnetes Lächeln" wollen. Als frommes Spiel mit Gaben
auf dem Altar. Wenn wir echten Erntedank wollen. Dann ist das genau der
richtige Weg. Dieser Weg, als Christ einfach seinen Willen zu tun,
ausdauernd, beharrlich. Und immer wieder für meine Erlösung,
für meine Rettung von Sünde, Tod und Teufel zu danken.
Leider ist unser Land eher durch den Hang zum Nörgeln bekannt, als
durch Dankbarkeit. Kennt ihr doch, z.B. so: Mittags, 11:30 Uhr, in
Deutschland. Die Mutter ruft: "Kinder, kommt nörgeln, das Essen
ist fertig!"... Leider geht es allzu oft auch in der Wirklichkeit zu
wie in diesem kurzen Witz. Meckern über's Essen statt Tischgebet,
Sich-Beschweren statt Dankbarkeit.
Dabei kann es so etwas eigentlich nicht geben, jedenfalls bei einem
gläubigen Menschen. Nämlich einen Christen, der
ausdauernd, bewusst, immer wieder für seine Erlösung dankt.
Und der gleichzeitig mit allem unzufrieden ist. Selbst einem Menschen
in der größten Not. Selbst dem hartgesottensten
Nörgler. Wird über dem Dank für seine Erlösung
schließlich das Herz warm werden. Wer etwas Schönes
geschenkt bekommt, der freut sich gewöhnlich. Und wer sich klar
macht, was für ein wunderbares Geschenk die Erlösung ist. Der
wird darüber froh und dankbar werden.
Und das ist dann wahrlich kein "verordnetes Lächeln" - sondern
echter, gewachsener Dank. Gewachsen aus dem Dank über die
Erlösung. Nicht als ständiges Lächeln, aufgesetzt. Nein,
nicht aufgesetzt, sondern gewachsen. Gewachsen aus dieser tiefen,
frohen Gewissheit, dass ich ihm gehöre. Lasst es uns einfach
versuchen. Beharrlich versuchen. In dieser Weise den Willen unseres
Herrn zu tun. An Erntedank und an allen anderen Gelegenheiten: "Seid
dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus
Jesus an euch." Wo wir so danken - da kommt der Erntedank von
allein. Amen.
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