Über die Ehe, 2. Teil - "... und sie werden ein Fleisch sein" (1. Mose 2,20-25 + Matthäus 19,1-9)

1. Mose 2:20 Und der Mensch gab einem jeden Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen; aber für den Menschen ward keine Gehilfin gefunden, die um ihn wäre. 21 Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloß die Stelle mit Fleisch. 22 Und Gott der HERR baute ein Weib aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.
23 Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist. 24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und sie werden sein ein Fleisch. 25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und sein Weib, und schämten sich nicht.

Matthäus 19:1 Und es begab sich, als Jesus diese Reden vollendet hatte, daß er sich aufmachte aus Galiläa und kam in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordans; 2 und eine große Menge folgte ihm nach, und er heilte sie dort. 3 Da traten Pharisäer zu ihm und versuchten ihn und sprachen: Ist's erlaubt, daß sich ein Mann aus irgendeinem Grund von seiner Frau scheidet? 4 Er aber antwortete und sprach: Habt ihr nicht gelesen: Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau 5 und sprach: »Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein«? 6 So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!
7 Da fragten sie: Warum hat dann Mose geboten, ihr einen Scheidebrief zu geben und sich von ihr zu scheiden? 8 Er sprach zu ihnen: Mose hat euch erlaubt, euch zu scheiden von euren Frauen, eures Herzens Härte wegen; von Anfang an aber ist's nicht so gewesen. 9 Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Ehebruchs, und heiratet eine andere, der bricht die Ehe.

Liebe Gemeinde,
durch die Ehe werden Mann und Frau zu "allernächsten Verwandten" - näher, als es Blutsverwandte je sein könnten. "Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch" - ruft Adam ganz spontan, als er seine Frau sieht. So kommt es zu diesem grundlegenden biblischen Lehrsatz über die Ehe: "... und sie werden sein ein Fleisch." Das war und ist das Wesen der Ehe, bis heute. Ein Fleisch: Eine geheimnisvolle Einheit von Leib und Seele, über die schon viel spekuliert wurde.   Und über die man viele schöne Gedichte und Lieder geschrieben hat. Lasst uns das Ganze auch heute wieder praktisch angehen, und überlegen: Was schließt die Bibel daraus - für den praktischen Umgang miteinander? Drei Gedanken dazu:

1.  Vor dem Einswerden kommt das Verlassen

Unzählige Witze gibt es über die "böse Schwiegermutter". Wenn sie nach harten Kämpfen endlich ihren Sohn einer Ehefrau überlassen hat, lässt sie dennoch nicht locker. Die Schwiegertochter bekommt für alles und jedes Anweisungen: Welche Kochtöpfe sie zu benutzen hat, wie die Wäsche zu waschen ist, und was die einzig wahre Art ist, ein Baby zu wickeln. Und natürlich hat "ihr Junge" auch bestimmte Vorlieben beim Essen, die es genau zu beachten gilt... Nein, so gut wie bei "Muttern" wird er es nie mehr haben, so seufzt sie im Stillen.
So weit die Karikatur. Wirklich Betroffene finden das meistens gar nicht witzig. Und auch die Bibel meint es ernst, wenn sie sagt: Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen. Er verlässt die Beziehung zu seinen engsten Verwandten - seinen Eltern - und geht etwas Neues, viel Tieferes ein. Wohl dem, der diese neuen "Verwandtschaftsverhältnisse" gut beachtet! Denn das "Ein-Fleisch-Sein" verträgt nur schlecht Konkurrenz. Die Kinder sollen die Eltern ehren - auch wenn sie erwachsen sind. Aber ein Fleisch - das werden sie nie mit ihnen sein. Nie. So eng verbunden wie mit meinem Ehepartner bin ich sonst mit keinem Menschen auf der Welt. Das hat Gott so eingerichtet. So sind wir geschaffen.
Deswegen die erste ganz praktische Schlussfolgerung: Gerade die junge Ehe und die junge Familie braucht die nötigen Freiräume. Liebe Kinder: Wenn ihr geheiratet habt, dann achtet unbedingt auf dieses "Verlassen". Das hat nichts damit zu tun, dass ich meine Eltern im Stich lasse, wenn sie meine Hilfe brauchen. Gut, wenn das klar ist. Aber manchmal ist auch ein offenes Gespräch nötig mit Vater und Schwiegervater, mit Mutter und Schwiegermutter. Und man sagt ihnen: Wir schätzen euren Rat und eure Hilfe. Aber wir müssen lernen, selbst zurechtzukommen. Und wir werden dabei sicher manches anders machen als ihr.
Deshalb, liebe Eltern: Traut euren mehr oder weniger frisch verheirateten Kindern zu, dass sie jetzt eine eigene Familie sind und unabhängig sein müssen. Klammert euch nicht fest und mischt euch nicht ungefragt ein. Gerade dann, wenn wir die ganze Angelegenheit im Glauben angehen. Dann wissen wir: Unser Schöpfer selbst hat es so eingerichtet, dass zur Ehe auch das Verlassen von Vater und Mutter gehört. Deshalb ist es so das Beste für die Ehe der Kinder, für die Ehe der Eltern und auch für das Miteinander von Eltern und Kindern. "Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen..." Vor dem Einswerden kommt das Verlassen.

2.  Als wär´s ein Stück von mir

Für uns Männer ist dieses Ein-Fleisch-Sein eine besondere Herausforderung. Eigentlich sollte ich es nur wagen, darüber zu reden, wenn gerade keine Frau zuhört. Die dabei den biblischen Anspruch einerseits und den Mann in der Realität andererseits miteinander vergleicht. Ihr werdet gleich merken, warum... Als der Apostel Paulus in seinem Brief an die Epheser unsere Bibelstelle von der Erschaffung des Menschen zitiert, da zieht er eine höchst bemerkenswerte Schlussfolgerung: "Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Gemeinde." (Epheser 5,29) Das sagt er uns Männern. Die Vorgabe ist tatsächlich: Ich soll meine Frau so behandeln, wie auch Jesus mich behandelt. Und Jesus hat sogar sein Leben für mich hingegeben! Er, unser Haupt. Er ist mit uns, der Gemeinde, so eng verbunden, dass er alles dafür gibt. Und der Vergleich ist: Wir Männer sind mit unseren Ehefrauen so eng verbunden, dass sie unsere ganze Zuwendung verdienen. "Als wär´s ein Stück von mir."
Natürlich können und sollen wir unsere Ehefrauen nicht von ihren Sünden erlösen. Dafür hat allein Jesus gesorgt, am Kreuz, ein für allemal. Aber bevor er den Weg ans Kreuz geht, da zeigt er seinen Jüngern, wie sie sich an seiner Gesinnung für ein Beispiel nehmen können. Er sagt ihnen nicht: Versucht, die Welt zu erlösen. Aber er wäscht ihnen ihre Füße. Dienstbereit beugt er sich dazu nieder, der Herr kniet vor seinen Jüngern. Und dann sagt er ihnen: Diese Haltung, die ihr gerade an mir gesehen habt. Die nehmt auch für euch an. Und dient.
Ich denke, wir wissen, wie wenig wir diesem Maßstab oft entsprechen. Wir dienen unseren Frauen nicht. Viel eher lassen wir uns von ihnen bedienen. Aus eigener Kraft ist hier nichts ausgerichtet. Und wenn wir irgendwo als Christen um die Kraft des Heiligen Geistes bitten müssen, dann hier. Dass wir da nicht aufgeben, das ist immer wieder ein Kampf und ein Leben aus der Vergebung. Aber bedenken wir dabei: Letzten Endes tut man sich als Mann selbst etwas Gutes damit. Denn wenn ich meiner Frau diene, dann diene ich uns beiden. Ich bin ja ein Fleisch mit ihr. "Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Gemeinde."
Moment, könnte einer einwenden: Hast du da gerade ein Loblied auf den Mann als Pantoffelhelden gesungen? Definitiv nein! Dienen hat nichts mit "Unter-dem-Pantoffel-Stehen" zu tun. Der Vergleich war das Verhältnis von Christus zu seiner Gemeinde. Und Christus steht doch nicht unter dem Pantoffel der Gemeinde, oder? Er ist ihr Haupt, unbestritten. Aber er ist deshalb ihr Haupt, weil er ihr gedient hat. Und alles für sie gegeben hat. In der Tat, das nicht leicht zu verstehen. Und noch schwieriger ist es, das in der Praxis umzusetzen. Wie sagt Paulus zu Recht: "Dies Geheimnis ist groß." (Epheser 5,32) Meine Frau: Als wär´s ein Stück von mir.

3.  Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden

Ein-Fleisch-Sein - diese Verwandtschaft ist so eng, dass sie prinzipiell unauflöslich ist - ein exklusiver Bund auf Lebenszeit. Weil wir aber schwache, sündige Menschen sind, machen wir dieser guten Idee Gottes immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Entweder durch Ehebruch, durch "Fremdgehen". Oder wir lassen uns scheiden. Ich möchte heute über diese zweite Möglichkeit sprechen, wie wir Menschen Gottes Pläne durchkreuzen - und zwar auch wir Christen! Um es gleich vorweg zu schicken: Es kann nicht darum gehen, auf irgendwen mit Fingern zu zeigen. Scheidung ist in erster Linie etwas Tieftrauriges, Belastendes - für alle Beteiligten. Wohl dem, der von Gott davor bewahrt wird!
Bevor man über Ehescheidung redet, muss man sich zuerst klar machen, was man sich versprochen hat, auf dem Standesamt und - wer kirchlich geheiratet hat - auch vor dem Traualtar. Jesus zitiert unsere Stelle über das Ein-Fleisch-Sein in einer Diskussion mit den Pharisäern. Wir haben den Text  eben in der Schriftlesung gehört. Man muss wissen, dass auch im Volk Gottes, in Israel, die Scheidungen immer mehr zunahmen. Zur Zeit Jesu war es so: Besonders der Mann hatte durch den sogenannten "Scheidebrief" eine Möglichkeit. Wie heute im Versandhandel, so konnte er mit seiner Frau verfahren: "Bei Nichtgefallen Rückgabe garantiert." Man musste nur eine mehr oder weniger plausible Begründung finden und dann einen Scheidebrief schreiben. Jesus zitiert zu diesem Verfahren den Schöpfungsbericht, und dann sagt er: "Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden."
Wir lernen daraus erstens: Wer sich scheiden lässt, der greift etwas an. Der greift etwas an, das Gott selbst gemacht hat. Und damit greift er auch Gott selbst an, erhebt sich gegen seinen Schöpfer. Jede Ehe ist viel mehr als nur ein menschlicher Entschluss, ein natürliches Zusammenwachsen. Eine Ehe ist in jedem Fall ein Eingreifen Gottes, im Leben von zwei Menschen - übrigens bei Christen genauso wie bei nicht Gläubigen. Gott hat die Ehe gestiftet, nicht die Menschen!
Wir sehen zweitens: Hier ist wirklich etwas zusammengefügt worden. Ganz fest zusammengefügt. Ein Fleisch - fast so, als ob auf geheimnisvolle Weise aus zwei Personen etwas ganz Neues wird,  das vorher noch nie so da gewesen ist. Eine Gemeinschaft an Leib, Seele und Geist. Man verzeihe mir den drastischen Vergleich. Aber niemand unter uns schneidet sich freiwillig Arme und Beine ab. Doch genau das ist Scheidung: Es ist wie eine Amputation. Eigentlich ist es sogar noch schlimmer. Und diejenigen, die so etwas durchgemacht haben, die wissen, wie schmerzhaft das sein kann.
Wie weit wir uns doch hier in unserm Land von Gottes Wort entfernt haben! Laut aktueller Statistik wird in Deutschland jede dritte Ehe geschieden. Es ist eine gesellschaftliche Katastrophe, die unserm Land mehr Schaden zufügen kann als Inflation oder Arbeitslosigkeit. Kaum einer weiß noch, wie die Bibel, wie Gott darüber denkt. Scheidungen hat es schon immer und zu allen Zeiten gegeben. Das Problem heute ist ein anderes. Es ist das Maß, in dem wir uns daran gewöhnt haben. Und wie leichtfertig man damit umgeht: Wir passen nicht zusammen, die Liebe ist abgekühlt, wir vertragen uns nicht, wir haben verschiedene Lebensziele, mit dir werde ich nicht glücklich, ich habe jemanden gefunden, der mir besser gefällt usw. usw. - und man lässt sich scheiden. Ob diese Einstellung auch in die christliche Gemeinde eingedrungen ist?
Ich möchte an der Stelle nicht verschweigen, dass auch die Bibel die Scheidung als eine Art "unmögliche Möglichkeit" kennt. Ein Beispiel gibt Jesus selbst (Mt 19,9): Einer der Partner wird untreu. Er bereut seinen Seitensprung nicht, sondern er setzt sein Verhältnis fort und fort, lässt nicht mit sich reden. Da erlaubt Gott diese schmerzhafte Trennung. Und der Betrogene kann die Ehe auflösen.
Oder denken wir an den Fall, wo nur einer der Ehepartner ein Christ ist. Gerade zur Zeit der ersten Christenheit gab es das sicher oft: Einer von beiden kommt zum Glauben an Jesus, er bekehrt sich. Und der Andere nicht. Paulus sagt (1 Korinther 7): Wenn der Ungläubige diesen Schritt absolut nicht akzeptieren kann. Und nicht mit einem Christen verheiratet sein will. Dann darf der Christ seinen Ehepartner freigeben. Auch sonst gibt es im Leben immer wieder schwierige Grenzfälle, auch solche, die nicht genau so in der Bibel stehen. Etwa: Was ist, wenn der Mann trinkt und Frau und Kinder schlägt? Ich weiß nicht, ob ich - wäre ich eine Frau - den Glauben hätte, mit einem solchen Mann in der Ehe zu bleiben. Wie gesagt - traurige Grenzfälle, die leider immer wieder vorkommen, auch in christlichen Gemeinden.
Das soll uns aber nicht darüber hinwegtäuschen: Scheidung ist zunächst einmal ganz und gar nicht Gottes Wille. Sondern gerade hier sehen wir, wie groß die Not werden kann, in unserer gefallenen Welt. Wo wir jenseits von Eden leben, und nicht mehr im Paradies, auch nicht im "Eheparadies". Doch gerade dann, wenn die Not groß ist. Wenn Gott uns zusammengefügt hat, dann möchte er nicht anschließend eine schmerzhafte Amputation. Sondern er macht uns Mut, dass für jede Ehe ein Neuanfang möglich ist.
Wir gehen ja heute für alles Mögliche zum Spezialisten. Wir suchen Rat für die Gesundheit beim Arzt. Für die Finanzen beim Vermögensberater. Und für unsere Seele beim Psychologen. Warum sucht man so wenig Rat für seine Ehe bei ihrem Erfinder? Bei Gott und seinem Wort? Ich erinnere mich an die Zeit, in der ich noch Dorfpastor war. Wenn in der Gemeinde eine Ehe auseinander ging, dann war ich nicht selten der letzte, der davon erfuhr. Der Dorftratsch war meistens schon weiter. Und geistlicher Beistand war nicht gefragt. Ich bin der festen Überzeugung: Viele, wenn nicht die meisten Scheidungen,  wären gar nicht erst zustande gekommen, hätte man sich rechtzeitig Rat geholt aus Gottes Wort. Hätte sich zusammen gesetzt mit dem Pfarrer, oder einem anderen aus der Gemeinde, der fest in der Bibel verankert ist. Oder man hätte wenigstens für sich selbst gebetet und und in der Bibel gelesen.
Dann hätte man nämlich daraus gelernt, vor Gott und voreinander Schuld zu bekennen. Sich gegenseitig Verletzungen zu vergeben, statt bitter zu bleiben. Gottes Anweisungen für eine gelungene Ehe zu suchen - und die Bibel sagt so viel dazu! Gott macht uns Mut dazu, dass wir tatsächlich "ein Fleisch" bleiben können. Er schenkt uns Liebe zueinander, wenn wir ihn ernsthaft darum bitten, und macht die kalten Herzen wieder warm. So können wir in eine erfüllende Ehe hineinwachsen. Schließlich hat er uns selbst zusammengefügt. Und deshalb kann er uns auch bewahren und segnen.
Liebe Gemeinde. Es ist ein großes Geschenk, wenn ich einen Menschen habe, mit dem ich ein Fleisch geworden bin. Lasst uns dieses Geschenk   dankbar und vorsichtig behandeln. Erinnern wir uns: Es ist wichtig, als Verheiratete in rechter Weise mit unseren Eltern umgehen. Das ist das Verlassen, denn wir gehören jetzt exklusiv zu unserem Ehepartner. Wir Männer: Lasst uns Gott  darum bitten, dass wir in rechter Weise unseren Frauen - und damit uns selbst - dienen. Und lasst uns fest darauf vertrauen: Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Sondern das kann Gott auch zusammenhalten und wachsen lassen. Amen.

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