Fruchtbares Christenleben - Predigt über Johannes 15,1-8
1 Ich bin der wahre Weinstock, und
mein Vater der Weingärtner. 2 Eine
jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine
jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, daß sie mehr Frucht
bringe.
3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet
habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht
bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so
auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock,
ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel
Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir
bleibt,
der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie
und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.
7 Wenn ihr in mir bleibt und meine
Worte in euch bleiben, werdet ihr
bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein
Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und werdet meine
Jünger.
Liebe Geschwister,
ja, ich trinke gern einen guten Wein. Vielleicht hängt das damit
zusammen, dass ich ursprünglich im südlichen Teil
Deutschlands
aufgewachsen bin. Wie gut, dass man ihn heute in jedem Supermarkt in
Flaschen kaufen kann, auch dann, wenn man im Norden wohnt. Was wissen
wir über den Weinbau, der die Voraussetzung ist für jeden
guten Tropfen?
Im Nahen Osten - also auch in Israel - gab es schon lange vor der Zeit
Jesu Weinbau. Die ersten Großproduzenten von Wein in Europa waren
die
Römer. Manche sagen: Sie bauten solche Massen an, dass der Wein
zuweilen billiger als Wasser war. Sie brachten auch den Weinbau und die
notwendigen Fertigkeiten zu uns ins "wilde Germanien". Seit etwa dem
Jahr 100 n.Chr. betrieben sie an Rhein, Mosel und Ahr Weinbau. Wer
schon einmal einen Weinberg besucht hat, der weiß: Wein ist eine
Kulturpflanze, d.h. sie wächst richtig nur unter der
ständigen Obhut
des Menschen. Es gibt keinen "Wein-Urwald", sondern der Weinberg
braucht ständig einen Weingärtner - ohne ihn kann der Wein
nicht
wachsen.
Auch der Christ ist eine Art "geistliche Kulturpflanze". Wir wollen
heute die Art dieser Kultivierung näher betrachten und dabei auch
-
hoffentlich - manche Missverständnisse ausräumen, die dieses
Wort Jesu
schon erfahren hat.
Ich will dazu Vers für Vers vorgehen. Ihr sagt, ihr macht gerade
eine
"Schwarzbrot"-Zeit. Ich denke, in so einer Zeit. Wo man sich besonders
intensiv mit geistlichen Fragen befasst. Da kann man wirklich tief in
den Bibeltext einsteigen. Kauen wir uns also vorwärts, Abschnitt
für
Abschnitt. Und sehen wir, wie dieses "Schwarzbrot" unseren Glauben
stärken kann.
1 Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der Weingärtner.
Das ist die Überschrift, sozusagen das Programm. Wie auch sonst in
den
Gleichnissen Jesus haben wir nicht jede Einzelheit auszudeuten, sondern
die Grundideen zu verstehen. Das Bild dabei ist: Christus ist der
Weinstock, wir Christen sind die Weinreben, und der Vater im
Himmel
ist der Weingärtner.
2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er
wegnehmen;
und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, daß sie mehr
Frucht
bringe.
Wieso wegnehmen? fragst Du vielleicht. Ich dachte, es geht um Wachstum!
Ja - kann ein Mensch, der in Christus eingepflanzt ist, keine Frucht
bringen? Geht das überhaupt? Eine erste Antwort: Es gibt Christen,
die
es nur dem Namen nach sind. Solche bringen tatsächlich keine
Früchte.
Wir werden der Sache gleich noch mehr nachgehen, wie man sich das
vorzustellen hat. Hier nur eine Parallele, mit einem ähnlichen
Bild aus
dem Weinbau: Das Volk Israel wurde schon im Alten Testament der
"Weinberg" Gottes genannt. Und doch gehörten viele nur
äußerlich zum
Volk Gottes, und fragten im Alltag nicht nach Gott (z.B.: Jesaja 5:1-7).
Beim Reinigen geht es nicht um solche Namenschristen, sondern um
Menschen, die in einer lebendigen Glaubensverbindung zu Christus
stehen, die von ihm mit "Lebenssaft" durchströmt werden. Solche
Menschen haben in Gottes Augen in jedem Fall ein fruchtbares Leben. Ja,
sie haben! Das ist ihnen zugesagt. Denn sie sind eine Rebe am
Weinstock. Und eine solche "Kulturpflanze Christ" muss bearbeitet und
gereinigt werden.
Wie kann man sich eine solche Reinigung vorstellen? Ein erster Gedanke
dazu: Wir finden hier einen Grund dafür, warum Gott uns manche
unangenehmen, oder gar schweren Begrenzungen in unserem Leben setzt.
Wie viele Christen durchleben schwere Zeiten, in den sie leiden und
"Gegenwind" erfahren! Ich brauche das wohl kaum näher zu
beschreiben,
jeder macht da seine eigenen Erfahrungen. Martin Luther sagte dazu
einmal den seltsamen Satz: "Die schlimmste Anfechtung ist keine
Anfechtung". Und er meinte damit: Wenn es uns immerzu gut ginge,
dann
würden wir irgendwann platzen vor - christlichem - Stolz und uns
für
kleine Götter, mindestens aber für große Glaubenshelden
halten. Nicht
jede Not findet so eine verständliche Erklärung, durch diesen
Reinigungsvorgang, das ist wahr. Es ist aber auch wahr, was viele
gläubige Menschen schon erfahren und bezeugt haben: Schwere
Zeiten, die
ich zusammen mit Jesus durchgestanden habe. Die haben meinen Glauben
vertieft, und mein Leben ganz neu geprägt.
3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet
habe.
Ihr seid schon rein - ist das nicht abermals ein Widerspruch?
Einerseits sollen wir gereinigt werden als Christen und andererseits
sind wir schon rein?
Ich denke, an dieser Stelle geht es um die - und jetzt wird es
schwierig mit dem Bild - um die "Grundreinigung". Wer ein Kind Gottes
ist, ein gläubiger Mensch, der hat irgendwann einmal die Vergebung
aller seiner Sünden erfahren. Wenn ich heute ein Kind Gottes bin,
dann
habe ich irgendwann einmal gesagt: Herr, ich bin ein sündiger
Mensch.
Ich kann keine Gemeinschaft mit dir haben. Aber um des unschuldigen
Leidens und Sterbens deines lieben Sohnes Willen - vergib mir meine
Schuld, und nimm mich als dein Kind an. Und dann - dann hast du dich im
Glauben an dem Wort festgehalten, das der Herr dir zugesagt hat. Denken
wir an Worte, wie solche (1. Johannes
1:9) "Wenn wir aber unsre Sünden
bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden
vergibt und
reinigt uns von aller Ungerechtigkeit."
Das ist das Wort der Vergebung, das Jesus zu dort zu dir geredet hat,
das du geglaubt hast - und deshalb bist du so rein, dass du ein Kind
Gottes sein kannst. Die Frage ist nun nicht, ob ich mich hier an ein
bestimmtes Erlebnis erinnern kann, vielleicht noch mit Ort und Datum.
Die Frage ist vielmehr: Habe ich diese "Grundreinigung" überhaupt
schon
erfahren? Diese Grundreinigung von meinen Sünden, ohne die ich
kein
Christ sein kann. Ohne die ich - im Bild - keine Rebe am Weinstock bin.
Wie ist das bei dir? Wohl dem, der hier dankbar an seine
"Grundreinigung" denken kann. Das ist ein Grund, um Gott zu loben und
zu preisen. Was gibt es Besseres, als seine Gnade zu erfahren?
4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen
kann
aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht,
wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die
Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn
ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir bleibt, der
wird
weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft
sie ins Feuer, und sie müssen brennen.
Bleibt in mir: Will Christus uns hier diese frohe Gewissheit nehmen
über unsere "Grundreinigung"? Darüber, dass der himmlische
Vater mich
als sein Kind angenommen hat? Ist hier noch ein Widerspruch?
Nein! Aber: es gibt viele Namenschristen, die eine Zeit lang scheinbar
wachsen, aber - wenn es darauf ankommt - keine Frucht bringen. Diese
Worte Jesu hier richten sich gegen eine falsche - scheinbar
christliche! - Selbstsicherheit.
Manchmal ist es ja einfacher, etwas zu sagen, wenn es weit weg ist.
Gehen wir einmal "über den großen Teich": So
bezeichnet sich nach
einer Studie
z.B. ein erheblicher Teil der US-Amerikaner als "wiedergeborene
Christen". Da in den USA solche Veranstaltungen sehr viel üblicher
sind
als bei uns, stelle ich mir das etwas vereinfacht so vor: Fast jeder
von denen hatte schon einmal ein religiöses Erlebnis, wo er z.B.
auf
einer Evangelisation "nach vorn gegangen" oder "eine Entscheidungskarte
ausgefüllt" hat, und jetzt hält er sich für einen
Christen. Und wenn
man die Lebenspraxis eines solchen Menschen anschaut, stellt man fest:
Mit dem realen kirchlichen und persönlichen Leben, und mit einem
lebendigen Glauben hat das oft wenig zu tun. Solche Menschen sind - im
Bild gesprochen - wie nachgemachte Früchte aus Holz oder Plastik,
die
man an dem Weinstock "angeklebt" hat. Sie wachsen nicht. Und irgendwann
ist der "künstliche Glaubenskleber" schwach geworden, und sie
fallen
vom Weinstock herunter. Deshalb ist es gut und hilfreich, sich hin und
wieder von Jesus die ernsthafte Frage stellen zu lassen: Bist du eine
christliche "Plastikfrucht" - oder bist du eine lebendige Rebe am
Weinstock?
Und es kommt bei dieser Frage eben nicht darauf an, ob ich irgendwann
einmal ein religiöses Erlebnis hatte. Es kommt nicht darauf an, ob
ich
christlich aufgewachsen bin. Es kommt auch nicht darauf an, ob ich ein
engagiertes Gemeindemitglied bin, voller Eifer. Darauf bedacht, das
Beste und Höchste für Christus und die Gemeinde zu bringen.
Sozusagen
ein "zertifizierter Qualitätschrist".
Nein - letztlich kommt alles auf die Verbindung mit Christus an. Wer in
dieser lebendigen Verbindung mit ihm steht, der hat allen Grund dazu,
voller Mut und Zuversicht seinen Weg zu gehen. Denn Christus sagt
weder hier noch irgendwo anders in der Bibel, dass Christen vom Glauben
abfallen können, wenn sie nicht "genug bringen". So etwas gibt es
vielleicht im Arbeitsleben: Sie strengen sich nicht genug an, Sie sind
nicht mit genügend Ernst bei der Sache. Wir haben keinen Bedarf
mehr
für Sie. Vielleicht im Arbeitsleben - aber nicht bei unserem Herrn
Jesus Christus.
So sagt Jesus schon paar Verse nach unserem Predigttext (Johannes 15:16)
"Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt
und
bestimmt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht
bleibt..."
D.h.: Wenn ich die "Grundreinigung" hinter mir habe, wenn ich eine Rebe
am Weinstock geworden bin und auch bleibe - dann ist und bleibt
das
reine Gnade, dann hat das der Herr getan, und nicht ich. Dann
gehöre
ich zum Weinstock, nicht "angeklebt", sondern festgewachsen. Und
ich
darf darauf vertrauen, dass ich - aus dieser lebendigen Verbindung
heraus - viel Frucht bringen werden. "Werde" - nicht "Soll". Das hat
Jesus versprochen. Dafür wird er sorgen.
7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet
ihr
bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein
Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und werdet meine
Jünger.
Die Zusage Jesu steht, das wissen wir jetzt. Weil sich die
Gläubigen
aber oft hilflos fühlen. Und nur zu gut um ihre geistlichen
Schwächen
wissen. Darum fordert Christus hier nicht "mehr Wachstumsleistung".
Sozusagen: "Bemüht euch, eine echte Spätlese-Rebe zu werden,
aus der
einmal ein Qualitätswein mit Prädikat werden kann!" Jesus
fordert
nicht. Sondern er weist uns auf die Quellen der Stärkung hin. auf
die
"geistliche Pflanzennahrung", den "Dünger" für die
"Kulturpflanze
Christ".
Von den Anfechtungen und Nöten haben wir schon geredet. Und wie
sie uns
- so belastend sie sind - zum geistlichen Wachstum und zur
Fruchtbarkeit dienen können. Jetzt führt er zwei weitere
Dinge ins
Feld, die uns fruchtbar sein lassen:
Da ist zum einen das Wort Gottes. Christus arbeitet an den Herzen der
Gläubigen. Und er gebraucht dazu immer wieder das gleiche Mittel:
Die
Bibel, die Bibel und nochmals die Bibel. Wie wichtig ist die
Beschäftigung mit dem Wort Gottes! Und zwar nicht nur mit den
leichten,
eingängigen Abschnitten der Bibel. Sondern auch mit den
schwierigen,
sperrigen Texten. Die mir manchmal so recht gegen den Strich gehen.
Oder die ich gar nicht erst verstehe. Hier lohnt es sich, Zeit und
Mühe
aufzubringen. Denn da finde ich das rechte geistliche "Schwarzbrot",
gesund und nahrhaft, damit die Rebe am Weinstock wachsen kann. "Wenn
ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben". Ja, zu allen Zeiten
der christlichen Kirche gab es persönliches Wachstum und
fruchtbare
Gemeinden immer dort. Dort, wo man sich intensiv mit der Bibel
befasste. Wie sagte John Wesley über die Bibel: "O gib mir das
Buch um
jeden Preis: Gib mir das Buch Gottes!" (in der Vorrede zu seinen
Lehrpredigten)
Das andere Stärkungsmittel ist das Gebet. Es ist meine Antwort
darauf.
Darauf, wie Gott mich durch sein Wort, durch die Bibel angeredet hat.
Es ist interessant, wie Jesus das Ergebnis dieser Vertiefung
beschreibt. Dieser Vertiefung in das Wort Gottes: ihr werdet bitten,
was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Ein gewaltiges Wort, kaum
zu glauben, oder? Ja - wenn wir uns intensiv mit der Bibel
beschäftigen, dann machen wir Erfahrungen mit dem Gebet. Wenn
Kinder
über das Gebet lernen, dann werden sie sich von Jesus vielleicht
zuerst
ein schönes neues Fahrrad wünschen. Oder lauter gute Noten in
der
Schule, und das ohne Lernen. Wobei ich nicht bestreiten will, dass auch
wir Erwachsenen manchmal so sind. Trotzdem gilt: Ein Christ, der im
Glauben erwachsen geworden ist. Der hat sich verändert. Durch den
Umgang mit dem Wort Gottes. Er fragt sich nicht: was möchte ich
für
mich haben, und das am liebsten gleich? Er fragt: Was möchte
Jesus, das
ich ihn bitte? Je mehr ich das Wort Gottes kenne. Desto mehr
weiß, wie
ich Jesus bitten kann. Desto mehr werde ich erfahren, wie er mich
hört.
Und eingreift. Und wir werden Dinge erleben, selbst in der
größten
Not. Dinge, die uns staunen lassen über unseren Herrn. Das ist
nichts
Abgehobenes. Sondern das kommt alles aus dem schlichten,
regelmäßigen
Umgang mit dem Wort Gottes und dem Gebet. Und die Rebe wird wachsen,
und wachsen, und fruchtbarer werden...
Kurzum, Geschwister: Lasst uns fruchtbare "Kulturpflanzen" sein in
Gottes Weingarten. Nicht selbstgerecht und selbstsicher. Auch nicht
verbissen, in einem verkrampften Streben nach einem "maximalen
Hochleistungschristentum". Sondern voll froher Gewissheit, dass er uns
"grundgereinigt" hat durch das Wort seiner Vergebung. Und lasst uns
nicht vergessen, welche praktischen Mittel es gibt, damit wir ein immer
fruchtbareres Christenleben leben. Ein Christenleben, das in den Augen
Gottes Sinn macht und ihn ehrt. Wie gut, dass er uns dazu zwei Mittel
an die Hand gegeben hat, die wir jederzeit gebrauchen können: Das
Wort
Gottes und das Gebet. Christus spricht zu uns: Bleibt fest mit mir
verbunden und vertraut mir. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.
Wer zu mir gehört, der wird viel Frucht bringen. Amen.
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