Gottes Führung erfahren - Predigt über Psalm 25,4-15

4 HERR, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige! 5 Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich! Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich. 6 Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind. 7 Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretungen, gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit, HERR, um deiner Güte willen!
8 Der HERR ist gut und gerecht; darum weist er Sündern den Weg. 9 Er leitet die Elenden recht und lehrt die Elenden seinen Weg. 10 Die Wege des HERRN sind lauter Güte und Treue für alle, die seinen Bund und seine Gebote halten. 11 Um deines Namens willen, HERR, vergib mir meine Schuld, die so groß ist! 12 Wer ist der Mann, der den HERRN fürchtet? Er wird ihm den Weg weisen, den er wählen soll. 13 Er wird im Guten wohnen, und sein Geschlecht wird das Land besitzen. 14 Der HERR ist denen Freund, die ihn fürchten; und seinen Bund läßt er sie wissen. 15 Meine Augen sehen stets auf den HERRN; denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.

Liebe Geschwister,
ich darf Gott voller Vertrauen darum bitten, daß er mich führt. Ich kann mein Leben voller Vertrauen in seine Hand legen - die täglichen kleinen Schritte, und auch die großen Entscheidungen. "Die Wege des Herrn sind lauter Güte und Treue."

1. Will ich überhaupt Gottes Führung?

Seit einiger Zeit taucht in den Zeitungen und anderswo immer wieder ein Wort auf - "Lebensentwurf" - ich habe das an anderer Stelle schon einmal erwähnt. Ein Lebensentwurf: Ich entwerfe mein Leben wie ein Architekt ein Haus. Zeichne die Pläne und verwirkliche sie. Ein Haus - ganz auf meinen Geschmack abgestimmt. Eine Unzahl von Lebensentwürfen gibt es heute: Da möchte der eine am liebsten Familie, Haus und Garten - ganz traditionell. Ein anderer will erst einmal die Welt sehen und Geld verdienen. Ein dritter läßt einfach alles auf sich zukommen - wofür soviel Mühe und Arbeit haben? Es reicht, daß meine Eltern schon so gelebt haben. Aber auch die - bei uns immer weniger werdenden - Christen haben immer wieder einmal ihre Entwürfe. So entwerfen manche z.B. die ideale Gemeinde: Wir verwirklichen einen Traum von geistlichem Aufbruch. Bei uns ist "viel los", wir haben klare Grundsätze und missionarische Stoßkraft.
Lebensentwürfe: Ich entwerfe mein Leben und baue es nach meinen Plänen. Gibt es heute überhaupt noch Raum für Gottes Führung? Bin ich denn ein kleines Kind, das man an die Hand nehmen muß? Bin ich ein dummes Schaf, das einen Guten Hirten braucht, der ihm sagt, wo es hingeht? Nein: Ich kann selbst laufen, wohin ich will! Und wenn Gott mir beim Laufen hilft - umso besser. Helfen, das darf er schon. Er darf dabei nur nicht zu bestimmend, zu "autoritär" auftreten, wie man das dann nennt.
Natürlich habe ich etwas übertrieben. Ich denke aber, diese Fragen müssen gestellt werden. Wollen wir Christen von heute überhaupt Gottes Führung? Ich möchte das an einem Beispiel klar machen. Ich greife einmal ein nicht alltägliches Thema heraus: Die Mission. Vor einigen Jahren, besser Jahrzehnten war es tatsächlich noch das Ziel von so manchem jungem Christen: Ich möchte einmal in die Mission gehen. Nachdem man in der Sonntagsschule die Missionsgeschichten aus Afrika mit glühenden Ohren gehört hatte - was hielt einen da noch in der Heimat? Zugegeben - manchmal waren unausgereifte Wünsche, und der Betreffende wäre besser zu Hause geblieben. Aber doch bei genug anderen: Der Wunsch, ganz für seinen Herrn da zu sein. Der Wunsch, sich von Jesus führen zu lassen. Auch auf ungewöhnlichen Wegen.
Heute ist es anders: Händeringend suchen die Missionsgesellschaften nach Leuten, die gehen wollen. Tausende von Stellen rund um die Welt können nicht besetzt werden. Nicht nur Pastoren werden gesucht. Auch Handwerker, Ärzte, Verwaltungsfachleute - eigentlich fast alles, was es gibt. Aber man braucht gar nicht so weit gehen: Nur vor nicht allzu langer Zeit wußten wir in unserer Ostdeutschen Jährlichen Konferenz nicht, wie wir alle freiwerdenden Bezirke besetzen sollten. Erst jetzt, mit zunehmender Finanznot und weniger freien Stellen wird das anders. Man kann sich fragen: Gibt es keine Leute aus unseren eigenen Reihen mehr? Besonders: junge Leute? Die sich rufen lassen, in den vollzeitlichen Dienst?
Bitte versteht mich nicht falsch. Ich glaube nicht, daß das Höchste an Frömmigkeit und Hingabe der Dienst als Missionar oder Pastor ist. Ich glaube auch nicht, daß wir am besten jetzt alle in die Mission gehen sollten. Es wäre schön, wenn noch genügend zu Hause bleiben, die hier auf dem Bezirk mithelfen... Aber ich sehe darin doch ein Symptom, ein Anzeichen. In dem, was ich gerade gesagt habe.
Ein Anzeichen, daß man auch an anderen Stellen und Themen sehen kann, nämlich für die Frage: Wie sehr klebe ich eigentlich fest? An meinem "Lebensentwurf"? An meiner Heimat? An liebgewonnenen Vorstellungen? Usw. Usw. Wollen wir überhaupt noch Gottes Führung? Auch auf ungewöhnlichen Wegen? "Herr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige!" Was passiert wohl, wenn ich das bete? Und auf einmal tut Gott etwas, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet habe? Zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige! So kann ich beten - und getrost vertrauen, dass er mich richtig führen wird - wenn es sein muss, auch auf ungewöhnlichen Wegen.

2. Wenn Gott mich führt - dann befreit er mich von den Fehlern meiner Vergangenheit

So manches Mal, wenn sich dann ein Mensch aufrafft. Und sagt: Jetzt. Jetzt will ich mich auch in dieser ganz bestimmten Angelegenheit von Gott führen lassen. Jetzt will ich seine Wege gehen, und nicht meine eigenen. Herr, lehre mich...! So manches Mal geschieht das erst, wenn ich mich gründlich verrannt habe. Wenn ich müde geworden bin. Wenn ich mir ein ganzes Paket an Schuld aufgeladen habe. "Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Übertretungen, gedenke aber meiner nach deiner Barmherzigkeit, Herr, um deiner Güte willen!"
Bei Menschen ist es ja manchmal so. Da heißt es dann: Du wolltest nicht auf mich hören? Nun sieh selbst zu - wer nicht hören will, muß fühlen. Aber laß´ mich in Ruhe.
So ist unser Herr nicht. Überhaupt nicht. "Der Herr ist gut und gerecht; darum weist er Sündern den Weg." Und wenn so ein Sünder zu ihm kommt. Müde und beladen. Dann kann er tatsächlich "bei Null" anfangen. Unser Herr kann tatsächlich einen Schnitt machen. Und mit einem Wort sagen: Deine eigenen Wege sind jetzt Vergangenheit. Ich trage dir nichts nach. Und jetzt komm mit. Und folge mir nach, auf meinen neuen Wegen.
Ich will hier keine Beispiele bringen. Ihr kennt sie wahrscheinlich schon - die drastischen Beispiele mit dem verkorksten Leben, der Alkoholsucht, dem Gefängnisaufenthalt und allem drum und dran. Oder die ganz alltäglichen Beispiele. Oder die irgendwo "dazwischen". Keine Beispiele möchte ich bringen - sucht in eurem eigenen Leben, nach bitteren Erfahrungen, die ihr machen mußtet - und ebenso nach den Spuren Gottes, mittendrin. Aber ich eines möchte sagen: Nur Mut! Er trägt uns unsere eigenen Wege nicht nach. Auf denen wir uns verrannt haben. Wenn wir in eine Sackgasse geraten sind und "so richtig Mist gebaut" haben. Dann dürfen wir Gottes Wort hören: "Der Herr ist gut und gerecht; darum weist er Sündern den Weg." Wohlgemerkt, Sündern weist er den Weg - nicht Heiligen. Deshalb: Nur Mut!

3. Wie führt mich Gott?

Das ist nun eine interessante Frage! Wenn ich mich dazu entschlossen habe, daß er mich führen soll. Dann muß ich auch wissen, wie. Es wird ja höchst selten der Fall sein, daß mir ein Nachtgesicht erscheint wie den Propheten. Oder daß der sprichwörtliche Zettel vom Himmel fällt... Ich stehe vor einer Entscheidung? Wie kann ich nun wissen, wohin mich Gott führt? Die Antworten sind einfach zu verstehen - und schwer genug umzusetzen.
Daß wir unseren Verstand gebrauchen sollen - davon gehe ich aus. Dafür hat Gott ihn uns schließlich gegeben. Und eine Frage wie: Soll ich mir das schicke neue Auto auf Ratenzahlung kaufen? Ist ja nicht unbedingt eine geistliche Frage. Sondern läßt sich meistens sehr schnell mit einem Griff zu meinen Kontoauszügen und zum Taschenrechner beantworten... Aber nicht alles ist so schnell zu entscheiden. Und auch der schärfste Denker stößt an Grenzen bei seinen Planungen.
Ich will deshalb weitermachen - mit der Bibel. "Die Wege des Herrn sind lauter Güte und Treue für alle, die seinen Bund und seine Gebote halten." Sein Bund - das betrifft alles, was Gott uns schenkt. Vor allem das, was er uns mit Jesus schenkt. Seine Gebote - das betrifft alles, was Gott von uns will. Die Zehn Gebote. Und wie Jesus, Paulus, Jakobus und all die anderen die Gebote auslegen. Gottes gute Wege in meinem Leben erfahre ich, wenn ich auf sein Wort höre. Wenn ich ein Bibel-Mensch bin. Einer, der die Bibel kennt und lebt.
Ein alter Vergleich sagt: Die Bibel ist so etwas wie eine Landkarte für ein gelungenes Leben. Sie zeigt mir die richtigen Wege. Und wenn ich sie gehe, dann habe ich eine gesegnete Reise. Und ich komme am Ziel an. Am Ziel: bei Jesus, im ewigen Leben.
Je besser ich meine Landkarte kenne, desto besser und sicherer die Reise. Wer nur die Autobahnen kennt, wird Schwierigkeiten bekommen. Spätestens, wenn er durch´s Erzgebirge will. Und auch noch auf die vielen Umleitungen stößt. Manch ein Christ hat sich im Leben schon hoffnungslos verfahren. Weil er nur die großen "Autobahnen" in der Bibel kennt: Die zehn Gebote. Die wichtigsten Berichte über Jesus. Und noch einige schöne Verheißungen. Vorzugsweise solche, die mit "Fürchte dich nicht!" beginnen. Dabei wären es manchmal gerade die biblischen "Nebenstraßen" gewesen, die mich gut ans Ziel gebracht hätten. Hätte ich sie doch gekannt! Dann hätte ich den Weg gefunden.
Manch einer, der sich die Zeit und Mühe genommen hat. Stellte schon überrascht fest. Dass im Buch der Sprüche die langgesuchte Antwort auf meine Familienprobleme steht. Dass ich in den Opfergesetzen in den Mosebüchern erfahre, wie meine Beziehung zu Gott noch viel tiefer werden kann. Wie der Prophet Hosea mir hilft, in den verwirrenden Strömungen und Gedanken heutzutage den "Durchblick" zu behalten. Usw. Usw. Ach ja, wenn die Bibelstunden doch wenigstens halb so voll wären wie die Gottesdienste... "Die Wege des Herrn sind lauter Güte und Treue für alle, die seinen Bund und seine Gebote halten." Mein Herr führt mich durch sein Wort - durch seine "Landkarte".
Das Andere würde ich gern "gelebtes Gebet" nennen. "Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!" All meine Fragen kann ich meinem Herrn sagen. Ihn bitten: Daß er mir nicht meine Wunschwege zeigt. Sondern die richtigen Wege. In schönen Stunden. Im normalen Alltag. Und in großen Schwierigkeiten. Und dann kann ich damit rechnen. Daß er etwas tut.
Schauen wir, was David hier alles versammelt hat, wie er diese Art von Führung beschreibt: Da greift mir Gott unter die Arme: "Du bist der Gott, der mir hilft." Der Herr vergibt mir auch meine falschen Entscheidungen: "Gedenke an deine Barmherzigkeit und Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind." Er übt mit mir, wie ich als Christ leben kann: "Er...lehrt die Elenden seinen Weg." Er lehrt - und gemeint ist keine Unterricht wie im Klassenzimmer, sondern eher eine Art Trainingslager. Denken wir daran, wie Jesus mit seinen Jüngern drei Jahre lang geübt hat. Tag für Tag.
Nicht zu vergessen bei alledem: Er öffnet Türen - und verschließt andere. Wenn ein junger Mensch z.B. überlegt und betet: Herr, welchen Beruf soll ich lernen? Dann kann er wissen: "Wer ist der Mann, der den Herrn fürchtet? Er wird ihm den Weg weisen, den er wählen soll." Ich kann getrost suchen, und wenn ich gefunden habe, kann ich mich getrost bewerben. Wenn es sein soll, werde ich den Ausbildungsplatz bekommen. Und wenn nicht, dann wird er mir etwas anderes geben.
Und wenn ich einmal in große Not komme. Und es sieht so aus, als ob es nicht mehr weitergeht. Dann sieht er weiter. Und weiß eher als ich, wie er mir heraushilft: "Meine Augen sehen stets auf den Herrn; denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen." Gelebtes Gebet - und ich werde erfahren, wie der Herr mich an seine Hand nimmt. Und mir seine guten Wege zeigt.
Liebe Geschwister. So laßt es uns immer wieder wagen. Und ihn bitten: "Herr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige!" Laßt uns immer mehr erfahren, was das heißt: "Die Wege des Herrn sind lauter Güte und Treue." Er hat unser Vertrauen wirklich verdient. Wir werden es nicht bereuen, wenn wir uns von ihm führen lassen. Amen.


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